Das Kunstprojekt smallIworldIARTIproject ist inspiriert von Stanley Milgrams Theorie des "Kleine-Welt-Phänomens", in der der Sozialpsychologe 1967 konstatierte, dass alle Menschen weltweit über eine Kette von nur sechs Bekanntschaftsbeziehungen miteinander verbunden sind. Konzentrierten sich Milgrams Studien auf die Idee sozialer Vernetzung, greift das smallIworldIARTIproject den Netzwerkgedanken auf unterschiedlichsten Ebenen auf. Es reflektiert auf den Kunstwerkbegriff an sich, aber auch auf die Struktur gegenwärtiger Welterfahrung, die laut Foucault mit dem Begriff des Netzes umschrieben werden kann. So hielt Foucault in seinem Essay Andere Räume fest, dass wir gegenwärtig Teil einer Wirklichkeit sind, in der sich, bedingt durch die Erschütterung der fixen Kategorien von Raum und Zeit, "die Welt weniger als ein großes, sich durch die Zeit entwickelndes Leben erfährt, sondern eher als Netz, das seine Punkte verknüpft (...)".
Ohne sich fortzubewegen, wurde das globale Netzwerk über das smallIworldIARTIproject gerade dadurch visualisiert, indem über das nostalgische Medium der Postkarte, an der Reisetätigkeit und somit an realen Ort- und Raumerfahrungen von ProjektteilnehmerInnen partizipiert wurde. Durch einen Aufruf auf sozialen wie medialen Plattformen wurden Partizipientinnen weltweit motiviert über das Einsenden unbeschrifteter Postkarten und die Angabe von Name, Nationalität und Kontaktperson, Teil des Projekts zu werden. Im Fokus des smallIworldIARTIproject steht damit die Dialektik zwischen der realen Verortung der TeilnehmerInnen und der virtuellen, internetbasierten Weltkarte, auf die die Postkarten, der Strategie des Mapping folgend, übertragen wurden. Bewegung und Stillstand, Nähe und Ferne, Ort und Nicht-Ort, diese Gegensätze charakterisieren das Spannungsverhältnis, das aus der Offenheit der virtuellen Weltkarte, die als Speicher aller Verweisstrukturen agiert, und dem Postkartenarchiv, über das das Projekt dokumentiert wurde, resultiert. Das Mikronetzwerk des smallIworldIARTIproject wird so zum Sinnbild der "nomadischen Gesellschaft" (Vilém Flusser), setzt aber auch in Hinblick auf den Kunstwerkbegriff neue Akzente: Dem einheitlichen Willen des Künstlers wird das Prinzip kollektiver Autorschaft entgegengestellt, das Konzept der eindimensionalen Rezeption wird durch den Gedanken der Partizipation ersetzt. So wird der Projektverlauf selbst zum ästhetischen Objekt, zu einem kollektiv und global gedachten Kunstwerk, das nicht statisch und singulär, sondern dynamisch ist und aus vielen Teilen besteht, die sich im Prozess der Realisierung zusammenfügten.
Die Präsentation des smallIworldIARTIproject verbleibt jedoch nicht im virtuellen Raum, sondern artikuliert sich auch in der, dieses Projekt abschließenden Installation im Kubus EXPORT. Dem Internet als virtueller, utopischer Raum, der sich "außerhalb aller Orte" (Michel Foucault) befindet, wird dabei der wirkliche und wirksame Ort der Installation als Heterotopie im Sinne Foucaults entgegengesetzt. Denn über die Präsentation der einzelnen Postkarten vermag die Installation des Projekts als Heterotopie "an einen einzigen Ort mehrere Räume, mehrere Platzierungen zusammenzulegen, die an sich unvereinbar sind." (Michel Foucault) Gleichzeitig agiert der Ort der Installation, der Glaskubus von VALIE EXPORT, der durch seine Transparenz in Verbindung zum umgebenden öffentlichen Raum tritt, als idealer Ausgangspunkt einer neuen Bewegung. Durch die Reaktivierung und Auflösung des Postkartenarchivs, können die einzelnen Karten von den BesucherInnen des Kunstprojekts erneut in die endlose Zirkulation des Netzwerkes ausgesandt werden, welches den offenen Charakter des smallIworldIARTIproject ebenso prägt, wie die gegenwärtigen gesellschaftlichen Strukturen charakterisiert.